Mit der Akquisition von NetPro hat Quest seine Strategie fortgesetzt, das Produktportfolio durch gezielte Zukäufe zu erweitern. Quest ist damit auf dem Weg, sich als die Quelle für Add-Ons insbesondere für das Management von Windows-Infrastrukturen zu entwickeln.

Mit NetPro wurde nun einer der wichtigsten Wettbewerber gekauft. Nachdem sich Quest schon in den vergangenen Jahren durch die gezielte Akquisitionsstrategie in eine führende Position im Add-On-Markt gebracht hatte, ging es im Fall der Übernahme von NetPro wohl eher um zusätzliche Marktanteile und Upselling-Potenziale als die Ergänzung des Produktportfolios. Denn bei diesem gibt es doch eine erhebliche Überlappung zwischen den bisherigen Angeboten der beiden Unternehmen, auch wenn Quest deutlich mehr Produkte im Portfolio hat.

Die Unternehmen haben bereits angekündigt, dass nicht alle Produkte von Quest und NetPro weiter entwickelt werden. Es wird vielmehr darauf hinauslaufen, dass bei Produkten mit stark überlappender Funktionalität nur eines der Produkte auf Dauer auf dem Markt sein wird, wobei die Funktionalität ergänzt werden soll, um „äquivalent" zu sein. Außerdem sollen NetPro-Lizenzabkommen ohne zusätzliche Kosten in Quest-Lizenzabkommen umgewandelt werden, wenn ein solcher Produktwechsel erforderlich ist.

Quest wird für Unternehmen mit Microsoft-Server-Infrastrukturen spätestens mit der Akquisition von NetPro zu einem praktisch unverzichtbaren Lieferanten, weil das Unternehmen wichtige Tools in unterschiedlichsten Bereichen, vom Single Sign-On über das Management des Active Directory und von Gruppenrichtlinien bis hin zu Lösungen für SharePoint, Exchange oder den SQL Server anbietet.

Die viel interessantere Frage ist aber, wie Quest strategisch mit diesem breiten Portfolio umgehen wird. Bisher fährt man mit den Punkt-Lösungen für spezifische Herausforderungen gut. Je wichtiger Quest aber als Lieferant wird, desto mehr wird sich die Frage stellen, ob man als Kunde eine Reihe von Einzelprodukten oder eine integrierte Lösung möchte. Bei letzteren ist die Herausforderung aber die Komplexität - für den Kunden bei der Einführung und für den Hersteller bei der Umsetzung.

Hier ist Quest gefordert, eine Strategie zu entwickeln. Diese kann aus unserer Sicht nur so aussehen, dass wichtige Elemente vereinheitlicht werden. Dazu zählen die verwendeten Repositories für die Speicherung von Daten, die Installationsprozeduren und die Verwaltungsschnittstellen. Gleichzeitig muss Quest aber die Flexibilität behalten, um die Produkte auch einzeln effizient betreiben zu können. Der Spagat zwischen Wiederverwendung und gemeinsamer Nutzung von Funktionen bis hin zu einer Art CMDB und dennoch flexiblen, schlanken und einzeln verwendbaren Werkzeugen ist eine Herausforderung, bei der man gespannt sein darf, wie Quest sie adressiert.

Trotz der dominanten Rolle, die Quest nach dieser Akquisition im Markt für Management-Tools im Windows-Server-Umfeld besitzt, gibt es noch ausreichend Raum für andere Anbieter. Zum einen sind auch heute noch längst nicht alle Herausforderungen gelöst. Zum anderen gibt es - gerade dadurch, dass auch Quest viele individuelle Tools anbietet - keinen Zwang, nur von einem Anbieter zu kaufen. Man kann weiterhin die für die jeweilige Aufgabenstellung beste Lösung wählen.