Mittlerweile geben die meisten Internet-Nutzer ganz selbstverständlich ihre Daten preis, sei es für die Nutzung eines kostenlosen Dienstes oder kleine Vergünstigungen. Das Problem: Je mehr Datensätze ein Anbieter sammelt, desto größer wird seine Macht – Monopole entstehen.

Jahrelang haben die Anbieter von Informationstechnologie den Datenschutz als Marktverhinderer dargestellt, und uns Verbraucher die Entscheidung aufgenötigt, entweder unsere personenbezogenen Daten preiszugeben, oder auf moderne Mehrwertdienste verzichten zu müssen. Dies führte zu der Situation, dass wir völlig selbstverständlich unsere Daten für die kleinsten Rabatte und Vergünstigungen x-beliebigen Anbietern im Internet übergeben, und uns gar nicht mehr die Mühe machen, Datenschutzerklärungen zu lesen (was ja, um ehrlich zu sein, sowieso nur sehr wenige von uns in der Vergangenheit getan haben). Aktuelle Studien belegen dies: die Preisgabe von personenbezogenen Daten muss sich nur ausreichend lohnen, dann sind wir sofort dazu bereit. Datenschutz, so scheint es, ist immer mehr eine Domäne für Gestrige, die an verkommenen Konzepten festhalten, die nicht mehr in die moderne vernetzte Welt passen.

Das ist aber gefährlich. Die informationelle Selbstbestimmung, unser Grundrecht auf Privatheit unserer Daten, gewährleistet einen fairen Wettbewerb, verhindert Übervorteilung von privilegierten Zielgruppen und sorgt damit auch für den sozialen Frieden. Nur wenn die Anbieter von Diensten nicht alles über uns wissen, macht es auch für sie Sinn, um unsere Gunst als Verbraucher zu buhlen. Wenn alles von jedem bekannt ist, kann man sich im Zweifel gar nicht mehr umentscheiden, von alten Diensten Abstand nehmen und sich neuen Alternativen zuwenden, ohne Nachteile erleiden zu müssen.

Und wir sind auf einem gefährlichen Pfad: viele Mehrwertdienste sind erst möglich, weil uns die Anbieter so gut kennen: Staumeldungen per Google Maps, passende Musikvorschläge von Apple via Ping, das nächste Geschenk bei Amazon passend zu Wunschliste und Surf-Verhalten – all dies ist nur möglich, weil die Anbieter Daten über uns sammeln.

Das eigentliche Problem ist aber nicht, dass Anbieter uns kennen. Das war auch früher schon so, der Tante-Emma-Laden um die Ecke wusste auch vor der Internet-Zeit über unser Kaufverhalten sehr genau Bescheid. Das Problem ist, dass wir keine wirklichen Alternativen mehr haben. Denn je mehr Daten ein Diensteanbieter hat, desto größer wird seine Macht, und desto schwerer wird es für Konkurrenten, diesen Vorsprung jemals wieder einzuholen. Wer nutzt schon eine andere Suchmaschine als Google? Warum sind die VZ-Netzwerke mittlerweile Facebook meilenweit in punkto Benutzerzahlen hinterher? Jeder Datensatz über uns zementiert die Macht der Marktführer weiter. Mit anderen Worten: wir bewegen uns auf eine neue Zeit der Monopolisierung zu – analog zu einer Monopolisierung der Energieversorgung wie zu Anfang des 20. Jahrhunderts geht es nun um eine Monopolisierung von Datenhaltungen. Und das ist das eigentlich Kritische: faktisch haben wir bald keine Macht mehr über unsere Daten, weil wir KEINE ALTERNATIVE mehr haben, als sie dem zu geben, der sie heute schon hat.

Dagegen werden auch die neuen Vorschläge zur Verschärfung der Datenschutzgesetze, wie zur Zeit in Brüssel diskutiert, nichts grundlegend ändern können. Kein Verbraucher möchte ernsthaft, dass seine Daten von niemandem verwendet werden sollen (bis auf wenige Ausnahmen, natürlich). Natürlich ist es gut, dass Verbraucher der Verwendung ihrer Daten zustimmen müssen, egal wo sie verarbeitet werden, und es ist sinnvoll – wenngleich technisch zu Zeit nicht lösbar – ein »Recht auf Vergessen« einzuführen. Aber dennoch: der Verbraucher hat kein Interesse daran, seine Daten nicht mehr freizugeben. Er möchte nur die Wahl haben, wem er sie gibt.

Um dieses Problem zu lösen, müssen wir uns darüber Gedanken machen, ob eine sich abzeichnende Monopolisierung gewünscht ist – und mit anderen Instrumenten an der Lösung arbeiten. Wir werden das Problem nicht mit den Mitteln in den Griff bekommen, mit dem wir es geschaffen haben. Wir müssen über marktpolitische Lösungen nachdenken, die Monopolstellungen zu begrenzen bzw. zu vermeiden, neuartige, Kartell-ähnliche Konglomerate von Technologieherstellern und Diensteanbietern aufbrechen, vielleicht sogar Dienste zwingend zu trennen, um eine zu starke Position durch die Integration von Profildaten zu vermeiden.

Erste Ansätze hierzu bildet der zur gängigen Praxis gegenläufige technologische Trend des »Personal Data Managenement«, wie etwa von personal.com oder von qiy.com verfolgt, den Inhaber der personenbezogenen Daten wieder die Kontrolle darüber zurück zu geben. Bemerkenswert an diesen Ansätzen ist, dass sie gerade nicht mit klassischen betriebswirtschaftlichen Modellen funktionieren…

Wir leben in einer sehr spannenden Zeit, und die neuen Technologien bringen faszinierende Neuerungen. Doch letztendlich sollen die Dienste für die Verbraucher da sein, und dafür gilt es, Sorge zu tragen. Die Lösung ist noch nicht in Sicht.